Bye, bye, Helle Panke
Die Helle Panke war seit über einem Jahrzehnt unser Begleiter. Wir trafen uns in den Räumen des Vereins und organisierten Veranstaltungen, die im Rahmen der Reihe »Wege aus dem Kapitalismus« liefen. Wir beide — Gruppe WAK und Helle Panke — haben uns nicht geliebt, aber akzeptiert, wir hatten beide was voneinander: Wir, die Gruppe WAK, konnten Fahrgeld und Honorare für Referent_innen bezahlen, die Helle Panke konnte interessante Veranstaltungen in einer Reihe aufführen, die von der Bildungseinrichtung einer etablierten Partei meist nicht erwartet werden: Wege aus dem Kapitalismus.
Das ist nun zu Ende: Wir wurden rausgeschmissen.
Dabei darf man sich nicht vorstellen, dass der Rausschmiss mit Pauken und Trompeten erfolgte, etwa als Resulat eines der üblichen unerbittlichen Streitereien unter »Linken«. Nein, da war eigentlich — gar nichts. Uns wurde mitgeteilt: »Das war’s für euch«. Punkt. Ohne inhaltliche Begründung, ohne einen Brief oder eine E-Mail, ohne vorhergehende Kritik oder ein Gespräch. Nein, mehr so im Vorübergehen: Die Jugend solle gefördert werden, nicht mehr die Gruppe WAK. Die Mehrheiten im Vorstand des Vereins hatten sich geändert, und der neue Vorstand sagte einfach: »Ihr nicht mehr«. Teile, herrsche, exkludiere.
Wirklich gewundert hat es uns nicht. Wir hatten einen Bruch eher schon früher erwartet, aber eigentlich dann auch als richtigen Bruch. Im besten Fall — warum soll es friedliche Forks nicht auch außerhalb der Freien Software geben — als gemeinsame Feststellung, dass man nichts mehr gemeinsam habe. Das hätte ja noch eingeleuchtet, auch wenn wir sicher diskutiert und unseren Standpunkt als sinnvollen und berechtigten in der Hellen Panke begründet hätten. Na ja. Wer die Ressourcen hat, entscheidet und muss sich nicht erklären. Ordinäre Herrschaftsverhältnisse.
Lassen wir nochmal kurz die Publikums-Veranstaltungen der letzten zehn Jahre Revue passieren (länger reichen unsere Aufzeichnungen nicht zurück, d.h. alle Veranstaltungen des Demokratischen Presseclub, aus dem die Gruppe »Wege aus dem Kapitalismus« hervorging, fehlen hier):
- 2./3. März 2001: Vorstellungen der Krisis-Gruppe über Wege aus dem Kapitalismus (Robert Kurz)
- 18./19. Mai 2001 Faschismus – ein „antikapitalistischer“ Irrweg? (Hartmut Kraus)
- 15./16. März 2002: Gleicher als andere — Grundlegung einer freien Kooperation (Christoph Spehr) und Seminar: Theoretische Möglichkeiten und praktische Erfahrungen bei der Suche nach herrschaftsfreier Kooperation (Stefan Meretz, Uli Weiß, Petra Haarmann, Johannes Stockmeier)
- 20./21 September 2002: Empire statt Imperialismus? (Manfred Lauermann) und Seminar: Mit der “Menge” durch das “Empire” in den Kommunismus? (Dario Azzellini, Benni Bärmann)
- 1. bis 3. November 2002: Zweite Oekonux-Konferenz: Freie Software im Empire (Stefan Meretz, Uli Weiß, Benni Bärmann)
- 13./14. Dezember 2002: Die Leipziger Praxis-Diskussion von 1966f – ein unabgegoltener Versuch zur Überwindung von theoretischen Schwächen des Marxismus-Leninismus (Georg Quaas) und Seminar: Zum praktischen und theoretischen Verhältnis der agierenden Menschen zur Wirklichkeit (Klaus Braunwart, Christoph Zwicker, Ansgar Knolle-Grothusen, Uli Weiß)
- 2. März 2003: Biblische Erinnerungen und antikapitalistische Bewegung (Ulrich Duchrow), Thesen von Uli Weiß
- 23. März 2003: Selbst-Bewegung statt Auto-Mobilismus (Lothar Galow-Bergemann)
- 5./6. September 2003: Sozialkritik und Konterreform – von der Un/Möglichkeit linker Politik (Franz Schandl) und Seminar: Einführung in die Wertkritik (Franz Schandl)
- 26./27. September 2003: Bewegung – Organisation – Herrschaft (Jörg Bergstedt, Dario Azzellini) und Seminar (ebd.)
- 14./15. November 2003: Begreifendes Denken – Ein Seminar zum Verständnis der Hegelschen Logik (Martin Grimsmann, Lutz Hansen, Kai Froeb, Annette Schlemm) und Seminar (ebd.)
- 12./13. März 2004: “Zeit in Gedanken gefasst”. Momente des Hegelschen Lebenswerks (Martin Grimsmann, Lutz Hansen, Kai Froeb, Annette Schlemm) und Seminar (ebd.)
- 18. bis 20 Juni 2004: Einführung in die Kritische Psychologie (Stefan Meretz)
- 8./9. April 2005: André Gorz — auf dem Weg in den Wissenskommunismus? (Stefan Meretz) und Seminar (Uli Weiß, Stefan Merten)
- 29./30. April 2005: »Women wars« — Postkoloniale soziale Bewegungen in Nigeria (Johannes Stockmeier) und Seminar »Gegen die Wand« (Uli Weiß, Willi Hajek)
- 27./28. Mai 2005: Der jugoslawische Selbstverwaltungs-Sozialismus in Theorie und Praxis (Walter Rösler, Gabriele Herbert, Lena Tietgen) und Seminar (ebd.)
- 4./5. Mai 2007: Im Takt des Geldes (Eske Bockelmann) und Seminar (Johannes Stockmeier, Mathias Spiller, Uli Weiß)
- 7./8. September 2007: Politische Ökonomie des Informationskapitalismus (Ernst Lohoff, Sabine Nuss) und Seminar (ebd.)
- 17./18. November 2007: Herausforderung Hegel — Einführung in die Seinslogik (Kai Froeb)
- 24. bis 26. Februar 2008: Einführung in die Wesenslogik von Hegel
- 23. Mai 2008: Emanzipatorische Kultur contra Kunstmarktdiktatur (Archibald Kuhnke)
- 13.14. Februar 2008: Vom Tausch zur Produktion nach Bedürfnissen (Christian Siefkes) und Seminar (ebd.)
- 3. bis 5. Juli 2009: Einführung in die Begriffslogik von Hegel
- 11./12. September 2009: Philosophische Spekulation – Wissenschaft – konkrete Utopie? (Uli Weiß) und Seminar (Annette Schlemm, Mathias Spiller)
- 18./19. Juni 2010: Hegel, Marx und die mögliche Aufhebung des Kapitalismus (Dieter Wolf) und Seminar (Gudrun Havemann)
- 29./30. Oktober 2010: Entwicklung in der Dialektik Hegels (Annette Schlemm) und Seminar: Hegel, Marx und die mögliche Aufhebung des Kapitalismus (Stefan Meretz, Uli Weiß)
- 25./26. März 2011: Die (Un-)Denkbarkeit des Kommunismus (Roger Behrens) und Seminar (ebd.)
- 8./9. Juni 2011: Hegel — der eigentliche Geschichtsmaterialist? (Kai Froeb) und Seminar (ebd.)
Das sind nur die wichtigsten Veranstaltungen, die in der Regel auch im Programm der Hellen Panke aufgeführt wurden. Damit ist nun Schluss, auch von unserer Seite. Wir spielen nicht mehr schmückendes Beiwerk.
Der Rahmen Helle Panke hatte uns auch einige Begrenzungen auferlegt. Veranstaltungen mussten eine bestimmte Form haben, in einer gewissen Frequenz erfolgen etc. Das haben wir zwar nicht immer eingehalten, doch manchmal war es auch lästig. Wir verlieren bestimmte Möglichkeiten und gewinnen andere. Wir werden unsere Suche nach »Wegen aus dem Kapitalismus« weiter vorantreiben. Wer dabei mitdenken will, ist willkommen!
Unser neuer Treffpunkt sind die Räume der Stiftung Nord-Süd-Brücken — danke für diese Möglichkeit!